Ein hackendes Geräusch. Ein Spachtelarm. Ein Schaben und nochmals ein Schaben auf Beton. Bröckelnde Tapetenbahnen. Ein Gedanke: Pappmaché. Pappmaché, matschiges daraus formen wir Masken setzen sie uns auf unser Gesicht und spielen, wir wären jemand anderes. Geliebter lass uns Masken tragen aus Tapetenpappmaché, und unsere Münder hinein legen. lass uns unsere Körper nackt aneinander kleben und alle Ängste einbetonieren in das alte Gemäuer.
Er sieht mich nicht, er ist ein Spachtelarm. Er schürft unsre Wände frei damit sie atmen können. Nach all den Jahren, in denen jeder eine Schicht draufgelebt hat.
(Tapetenstaub auf meinen Lungen, wer schürft sie frei damit ich weiteratmen kann?)
Ich stehe auf einer achstufigen Leiter und bin dreimeter hoch. Meine hautfarbenen Arme sind überzogen mit winzigen Nieseltropfen weißer Farbe. Vor mir die rohe Mauer. Sie riecht nach feuchter Erde, wachsen jetzt Blumen darin wo wir sie freilegen?
Sie hat Poren wie meine Haut, und rissige Stellen. Mandelfarbene Flecken haben Vormieter hinein gespachtelt, die Mauer gestopft damit sie dicht hält. Meine Fingerspitzen zupfen Tapete von der Wand. Ein Stück halten sie mir vor die Nase. Ein Kunstwerk aus Farbe, Papier und fasrigen Holzfasern. Ein Holfasernetz in Farbe und Papier gepresst. Kleine Mandelstifte in Philadelphia. Ich lasse das Tapetenstück auf den Boden segeln. Ein Gefühl von Macht wie ich da so oben stehe und jemanden entblättere.
Mein Geliebter in einer Ecke, wie ein Maniac schürft er Meter um Meter Bahnen. Und ich streichle Wände, horche, atme hinein, beobachte pulsierende Halsschlagadern und unbewegliche Adern im Mauerwerk.
(Rauhfasertapete, September 2011)
Ich screene meine Texte und Gedanken des letzten Jahres. Ich weiß nicht warum ich das tue. Vielleicht, um mir selbst zu zeigen, dass nicht wahr ist, was ich denke. Was ich denke ist nicht unbedingt schön und schmeichelhaft. Es sind Gedanken die von Versagen sprechen. Gedanken, die mir einflüstern, was du machst ist nicht gut genug. Gedanken die sich an alte Muster klammern und sich mit ihnen verbinden, verbünden, und mir bei jeder Gelegenheit das Buch vorhalten, das nicht geschrieben wurde. Das Buch. Das da schlummert in so vielen Texten und Anfängen, tausendfach begonnen und immer wieder auf die Festplatte geschoben. Das Buch, das immer wieder von den anderen geschrieben wird, mit einer (vermeintlichen) Gewissheit und Selbstverständlichkeit, einer Gewissheit die mir fehlt. Urvertrauen, flüstert dann die Seele. In mir die Gewissheit, dass mir das fehlt. Doch ist das noch lange kein Grund die Dinge einfach stehen zu lassen. Oder.
Ich screene Texte und Gedanken des letzten Jahres und vergewissere mich: sie sind noch da. Ich vergewissere mich, dass ich es auch bin und das bin ich. Ich bin da, nach wie vor. Viele Schnipsel und Anfänge. Und kein Ende in Sicht.